Erwin Lang aus Walbersdorf im Burgenland hat sich sein ganzes Leben lang mit einer inzwischen fast vergessenen Kulturpflanze beschäftigt: der Steinweichsel. Vermutlich wird jedoch Ende des Jahres 2019 mit der Pflege und Ernte der "Rehrln" Schluss sein. Das nehmen wir zum Anlass, Herrn Lang und seinen Steinweichselanlagen noch einmal einen Besuch abzustatten. Im Herbst 2019 sollen die letzten Ruten geerntet, die Stöcke herausgezogen und die zähen, knorrigen Holzköpfe dem Feuer übergeben werden - das wäre das Ende einer fast 200 Jahre lang in Ostösterreich betriebenen Duftholzkultur.
Am 3.5.2019 fand eine Exkursion des LFI Niederösterreich zu den Steinweichselgärten des Erwin Lang im burgenländischen Walbersdorf statt. Herr Lang (83 Jahre) ist der letzte noch aktive Steinweichselbauer in Österreich, Europa und vermutlich weltweit, der noch "Rehrln" (Ausschlagruten der Steinweichsel) nach der alten Methode der Kopfbaumkultur zieht. Diese Form der Nutzung war im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert in Ostösterreich eine wichtige Einnahmequelle für die kleinen Bauern. Die Weichselruten wurden von mehreren Firmen zu Pfeifenrohren, Schirmgriffen und vor allem Gehstöcken verarbeitet, welche großteils für den Export nach England bestimmt waren.
Im Rahmen der Exkursion nahm sich Herr Lang Zeit, uns höchstpersönlich seine Weichselgärten zu zeigen. Anschaulich und mit seinem so sympathischen burgenländischen "Schmäh" erzählte er uns über Anfänge, Hochblüte und Niedergang der Steinweichselkultur in seiner Region. Als Obmann der örtlichen Steinweichselgenossenschaft und mit seiner fast siebzigjährigen Erfahrung (er musste schon als Kind im elterlichen Betrieb mithelfen) ist er der Steinweichselexperte schlechthin. Erwin Lang pflanzte seine letzte Kultur vor 35 Jahren zu einem Zeitpunkt, als alle anderen Steinweichselgärten in der Gegend aufgrund rückläufiger Nachfrage bereits aufgelassen worden waren, oder sich im Stadium des Auslaufens befanden. Herr Lang fand in Deutschland einen neuen Abnehmer, den er heute noch - in geringem Umfang - mit Material für Gehstöcke beliefert.
Nach einem arbeitsreichen Leben (die Produktion von Weichselrohren ist sehr arbeitsintensiv!) denkt auch Herr Lang aus Altersgründen ans Aufhören. Die letzten Ruten werden abgeerntet und die Bäume Zeile um Zeile gerodet. Mit jedem Baum stirbt ein Stück ländlicher Kulturgeschichte...
Doch noch besteht Hoffnung, dass die letzten Steinweichseln gerettet werden könnten. Am Rand der Grundstücke möchte Herr Lang einige Bäume stehen lassen. Aufgrund des lebhaften Interesses der Exkursionsteilnehmer erwägt er sogar, 1 - 2 Reihen der Kopfbäume zu Demonstrationszwecken zu belassen. Es wurde vereinbart, dass im Herbst 2019 eine weitere Exkursion nach Walbersdorf stattfindet, bei der die Teilnehmer Herrn Lang bei der Weichselrohrernte unterstützen. Der genaue Termin wird dem Programm des LFI NÖ zu entnehmen sein. In der zweiten Oktoberhälfte sollte unter "Veranstaltungen" auch auf dieser Homepage ein Hinweis zu finden sein.
Wer zur Rettung der letzten Walbersdorfer Kultur-Steinweichseln beitragen möchte, hat Gelegenheit, im Rahmen dieser Aktion Expertenwissen aus erster Hand zu erfahren und ein Stück alter Tradition live zu erleben.
Zu überlegen wäre auch, ob möglicherweise Baumpatenschaften helfen könnten, das Überleben der Steinweichseln zu sichern. Ideen und Anregungen dazu können Sie gerne hier deponieren.
Mai, 2019
Mag. Margit Zimmel, Steinweichsel-Fan, Korneuburg