Carbet BS 03 kl

Während der Frühjahrsblutungssaft der Birke allgemein bekannt ist, wissen nur wenige Menschen, dass die Hainbuche ebenfalls ein sehr guter "Saftbaum " ist. Der Zuckergehalt des durch Anbohren gewonnenen Baumsaftes ist mit ungefähr 1% deutlich geringer als jener der Birke, der Xylemsaft fließt jedoch sehr üppig und über einen langen Zeitraum. Botanisch gesehen, ist die Hainbuche mit den Birken nahe verwandt, beide Gattungen gehören sogar zur selben Pflanzenfamilie (Birkengewächse). Selbst im wissenschaftlichen Namen der Hainbuche steckt ein wenig Birke: Carpinus betulus (Betula ist der Gattungsname der Birken). Das Austreten der Xylemsäfte aus Verletzungen ist bei den meisten mitteleuropäischen Laubbäumen auf den kurzen Zeitraum zwischen Saftsteigen und Laubaustrieb beschränkt. Mit dem Austreiben der Winterknospen ist die Baumsaftgewinnung schon wieder beendet. Bei vielen Laubbaumarten tritt bei Verletzungen gar kein Blutungssaft aus, da bei diesen der Xylemsaft beim Saftsteigen nur einen ganz geringen Überdruck hat uFetthefe Carbet 01 klnd daher in den Interzellularräumen (im Gewebe)verbleibt.

Bei der Baumsaftgewinnung wird meist eine künstliche (Bohr-)Wunde erzeugt, bei Windbruch oder Fraßschäden tritt der Xylemsaft aber auch flächig aus. Die zuckerhältige Flüssigkeit, die witterungsabhängig auch lange eine gut infizierbare Rindenoberfläche bietet, wird manchmal von sogenannten Fetthefen besiedelt. Die damit verbundenen abenteuerlichen Färbungen der Oberflächen stellen aber keine Gefahr für den Baum dar. Es handelt sich lediglich um eine Zuckervergärung und nicht um ein Krankheitsbild. Wenige Wochen nach dem Baumsaft-Austritt trocknet die Hefeschicht ab, verliert an Farbe und blättert schließlich ab.

 

 

Der in Europa am häufigsten gewonnene Baumsaft ist der Frühlings-Xylemsaft der Birke. Wegen seiner kräftigen Schüttung wird der aus Stammverwundungen oder Bohrungen austretende Saft manchmal auch Blutungssaft genannt - ein etwas unglücklicher Name, da er die Assoziation mit einer fatalen Verletzung anregt. Tatsächlich kann die Baumsaftgewinnung so angelegt werden, dass keine nachhaltige Birke Bohrung 03Schädigung der angezapften Birke entsteht. Bei der Birke sind unterschiedliche Methoden bekannt, das Austreten des Baumsaftes zu initiieren. Die heute fast überall übliche Methode des Anbohrens verursacht den geringsten Eingriff, heilt sehr rasch aus und ist auch technisch leicht durchführbar. Die ältesten Techniken sind Einhack-Verfahren, bei denen mit einem Holzfällerbeil eine Kerbe in den Stamm geschlagen wurde, der Rinde, Bast und obersten Splintbereich des Baumes durchtrennte. Im vorigen Jahrhundert konnte man diese Saftgewinnungsmethode noch in Siebenbürgen finden, wobei die Saftmenge durch flache Axtschläge oberhalb der Kerbe maximiert wurde. Die Verletzung betrug daher oft mehrere Quadratdezimeter. Da dabei auch das Kambium, das Neubildungsgewebe des Stammes, stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde, heilten solche Stammverletzungen schlecht aus. Deshalb waren beerntete Birken an den Wucherungen oder Folgeschäden durch Infektionen gut zu erkennen.

Eine heute noch in der Ukraine, in Weißrussland und den angrenzenden Teilen Russlands übliche Saftgewinnungsmethode ist das Einschlagen eines gewinkelten Bleches, das sowohl die Funktion der Verwundung als auch der Ausleitungsrinne übernimmt. In Mitteleuropa sind diese Techniken heute praktisch verschwunden.

Trotz einer Renaissance der Birkensaftverwendung ist die Literatur zu diesem Thema sehr rar. In den letzten Jahren ist im deuschsprachigen Raum das Birkensaft-Buch von Enrico Sehm (2007) die einzige nennenswerte Publikation gewesen. Das wohlfeile Bändchen ist noch im Handel.

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